Der Weltenvereiniger

29,8 Millionen Tannen stehen jedes Jahr in deutschen Wohnzimmern. Das ist eine Quote von rund 70 Prozent und macht den Weihnachtsbaum zum erfolgreichsten Weihnachtssymbol. Wie er zu diesem Ruf kam, ist erstaunlich:

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By Jina Bae & Christian Krug & Elisabeth Borchardt
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Gestartet wird in der Antike. Da fing bekanntlich so einiges an, auch die Tradition der Weihnachtszweige. Immergrüne Blätter symbolisierten damals schon Gesundheit und Lebenskraft und zeugten vom Sieg des Lebens über den Tod.

Wer nun glaubt, top, das passt doch auf die Christen, der irrt allerdings. Im Koran lehnt sich Myriam (Maria) beim Einsetzen der Wehen vor der Geburt Isas (Jesus) an einen schattenspendenden Baum. Der erste Punkt geht also an die Heilige Schrift des Islam.

Nun galoppieren wir ein paar Jahrhunderte vorwärts ins Jahr 1419 und landen in Freiburg. Dort wurde der erste Christbaum von einer Bäckerzunft geschmückt und öffentlich aufgestellt. Spätestens damit haben die Freiburger ihren Platz in der Geschichte gefunden.

Es gibt die Behauptung, dass Martin Luther rund hundert Jahre später an der Verbreitung des Weihnachtsbaumes beteiligt war. So zeigt ein Stich von Carl August Schwerdgeburth, wie Luther an Weihnachten im Kreis seiner Familie um einen leuchtenden Tannenbaum sitzt. Doch das Bild stammt aus dem 19. Jahrhundert und zeigt kein historisches Ereignis, denn der Reformator kannte die geschmückten Nadelbäume gar nicht.

Zeugnissen nach haben Elsässer 1521 die geschmückten Bäume von den Plätzen in die Häuser geschleppt. Das kommt unserer Tradition schon sehr nah.

Lichterbäume standen zunächst nur in evangelischen Häusern – und zwar ab 1730. Von da an begeisterte der Christbaum auch ausländische Nachbarn. Königin Charlotte, die Mitte des 18. Jahrhunderts den englischen König Georg III heiratete, soll einen Baum im Gepäck gehabt haben. So kam er schließlich nach England, von dort aus in die USA – und den Rest der Welt.

1836 kommt die „Nordmanntanne“ ins Spiel, die bei acht von zehn Haushalten in Deutschland zum Einsatz kommt. Der finnische Botaniker Alexander von Nordmann entdeckte sie im Kaukasus und benannte sie nach sich.

Seitdem leben ganze Landstriche von ihr. Vor allem in Schleswig-Holstein und dem Sauerland wachsen Millionen Nordmänner, bis sie nach 10 bis 12 Jahren 1,80 Meter hoch sind und gefällt werden.

Wenn jemand behauptet, die Tanne sei kein christliches Symbol, hat er strenggenommen recht, aber seit rund 700 Jahren eben auch nicht mehr: Der Weihnachtsbaum steht vor allem für die Versöhnung und die Überwindung familiärer Streitigkeiten. Unter ihm hat man lieb zu sein. Und man darf in seinem Schatten keinesfalls böse werden.

Credits

Creative Direction: Jan Schwochow
Grafik und Animation: Jina Bae
Text & Research: Christian Krug, Elisabeth Borchardt

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22761 Hamburg, Germany